Mit dem Rad von den Alpen zur Adria

Mit dem Rad von den Alpen zur Adria: Geschichten, Genuss und ganz viel Panorama - (c) Carola Faber

Schon beim ersten Tritt in die Pedale spürt man: Diese Reise ist mehr als eine Radroute – sie ist ein kleines Abenteuer, eine Zeitreise durch Landschaft, Kultur und Geschichte. Der Alpe-Adria-Radweg führt von Salzburg bis an die italienische Adria nach Grado, dem charmanten Badeort mit venezianischer Seele. Rund 410 Kilometer und gut 2.400 Höhenmeter sind zu bewältigen, dafür geht es 2.800 Höhenmeter bergab. Klingt sportlich, bleibt aber genussvoll – mit atemberaubenden Ausblicken, stillen Momenten und kulinarischen Entdeckungen.

Wo das Wasser Geschichten erzählt
Manche Wege flüstern, andere rauschen: So wie die Groppensteinschlucht bei Obervellach. Hier folgt man dem Wasserlauf über schmale Stege und Brücken – vorbei an moosbewachsenen Felsen, sprühender Gischt und zwei imposanten Wasserfällen, einer davon 40 Meter hoch. Naturdrama pur. Doch auch die Geschichte kommt mit: Die alte Fuggerstraße, einst bedeutende Handelsroute, verlief durch dieses Tal. Thomas Pacher, ein Einheimischer, der auch maßgeblich an dem Ausbau der Schlucht beteiligt war, erzählt beim gemeinsamen Spaziergang von einstigen Mautstellen, Säumern und Kaufleuten – während das Wasser donnernd seine eigene Sprache spricht.

Salzburg: Barock, Mozart und Aufbruch
Der offizielle Start des Radwegs liegt in Salzburg, wo Musik, Geschichte und Lebensart miteinander verschmelzen. Barocke Fassaden, Kaffeehausduft und Mozartklänge bilden die Kulisse, wenn man entlang der Salzach in Richtung Süden aufbricht. Es geht durch grüne Auwälder, vorbei an stillen Mühlen und durch die historische Altstadt von Hallein – einst keltisches Zentrum, heute einfach malerisch.

Gasteinertal: Wildnis und Wellness
Hinter St. Johann im Pongau wird das Tal schmaler, der Fluss temperamentvoller – willkommen im Gasteinertal. Zwischen Almwiesen und Hochgebirgsflair trifft mondäne Kurgeschichte auf wilde Natur. In Bad Gastein fällt der Wasserfall mitten durchs Ortszentrum, eingerahmt von Grandhotels vergangener Zeiten. Kurz danach: Böckstein, von wo ein Zug der Tauernschleuse die Passagiere mit ihren Fahrzeugen in nur zehn Minuten auf die andere Seite der Alpen bringt. 

Kärnten: Südliches Flair und Kulturschätze
Hinter dem Tunnel wartet eine neue Welt: Kärnten empfängt mit milderem Klima, sanften Hügeln und dem Blick auf die schneebedeckten Hohen Tauern. Ab Mallnitz rollt man fast mühelos durchs Mölltal, vorbei an Obstgärten, Weinhängen und charmanten Orten. Zwischenstopps in Obervellach mit der Groppensteinschlucht und Spittal an der Drau lohnen sich: Das prächtige Schloss Porcia und das Römermuseum Teurnia führen tief in die Vergangenheit. Dann wartet Villach – lebendig, südlich, entspannt. Zeit für eine Pause, einen Cappuccino am Fluss, ein bisschen dolce far niente.

Italien: Genuss auf alten Gleisen
Hinter Villach hilft ein kurzer Zugtransfer über die Grenze – danach beginnt der sanfteste Abschnitt: Eine stillgelegte Bahntrasse führt durchs italienische Kanaltal, heute perfekt ausgebaut für Radfahrer. Viadukte, Tunnel und der türkisfarbene Fella-Fluss begleiten den Weg. Kleine Orte wie Tarvis, Venzone oder Gemona reihen sich wie Perlen auf. Besonders Gemona, nach dem Erdbeben 1976 liebevoll rekonstruiert, überrascht mit seinem eindrucksvollen Dom und viel Herz.

Udine: Renaissance trifft Lebensfreude
Je näher man Udine kommt, desto mehr verändert sich die Atmosphäre: Das Licht wird weicher, die Luft riecht nach Rosmarin, das Lebensgefühl ist pures Dolce Vita. Auf der Piazza Libertà schlendern Einheimische mit Gelato in der Hand, in den Cafés klingt Lachen durch die Gassen. Renaissance trifft italienische Gelassenheit – ein Ort zum Verweilen.

Endstation Sehnsucht: Das Meer
Die letzte Etappe fließt wie von selbst – durch das flache, weite Land Friauls, vorbei an Kanälen, römischen Ausgrabungen und Olivenhainen. In Aquileia, einst römische Metropole, lohnt sich ein letzter Stopp: Die frühchristliche Basilika mit ihren Bodenmosaiken gehört zum UNESCO-Welterbe. Dann liegt es plötzlich vor einem: das Meer. Grado, mit seinen verwinkelten Gassen, venezianischer Anmutung und dem Duft nach Fisch und Basilikum, markiert das Ende der Reise. Boote schaukeln im Hafen, das Licht tanzt auf dem Wasser – und man weiß: Diese Tour war mehr als nur eine Strecke. Sie war ein Stück Freiheit auf zwei Rädern.

Genuss-Tipps entlang der Strecke:

  • Landhotel Pacher, Obervellach: Gastgeberin Annemarie Pacher serviert Köstlichkeiten aus regionalen Produkten – etwa feine Erdäpfel-Kräuterkrapfen. Ein Ort zum Runterkommen.
  • Osteria 38° Parallelo, Gemona: Wer sich rechtzeitig anmeldet, genießt bei Eleonora Pittini nach Absprache handgemachte Menü, das friulanische Tradition und mediterrane Raffinesse vereint.

Praktische Infos zur Route:

  • Der Alpe-Adria-Radweg ist durchgängig beschildert und überwiegend asphaltiert.
  • Steilere Passagen (z. B. Tauern) lassen sich bequem per Zug überbrücken.
  • Ideal für Einsteiger, Genussradler und Familien – wer die Gesamtstrecke nicht an einem Stück fahren will, bucht bei Eurobike individuelle Etappenreisen, z. B. Salzburg–Villach, Villach–Grado oder weiter bis Triest.

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Über den Autor*Innen

Carola Faber

Carola Faber

Seit mehr als 30 Jahren ist Carola Faber als freie Journalistin sowie Fotografin aktiv, schreibt für verschiedene landesweite Printtitel und renommierte Online-Magazine. 2010 erhielt sie einen Fotopreis der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung. Außerdem hat sie bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung an der Serie "Mein Ausflug" mitgewirkt, für die der European Newspaper Award verliehen wurde. Seit 2013 erhielt sie im Rahmen der ITB beim Journalistenpreis Irland regelmäßig einen Platz unter den TOP 10.